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Einführung von Dr. Ing. Klaus-Henning von Krosigk

Vom Umgang mit unseren historischen Friedhöfen

Dr. Ing. Klaus-Henning von Krosig
Stellvertretender Landeskonservator des Landes Berlin

Ausgelöst durch die seit den 1970er Jahren verstärkte Rückbesinnung auf die Bewahrung kultureller Werte wurde in Berlin am 22. Dezember 1977 ein Denkmalschutzgesetz verabschiedet, welches ausdrücklich auch den Friedhof als Schutzgut anerkennt. Hiermit hat der Gesetzgeber in Berlin erstmalig dem historischen Friedhof in seiner Gesamtheit den Rang eines Bau- bzw. Gartendenkmals zuerkannt und damit ermöglicht, dass er wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen, oder wegen seiner Bedeutung für das Stadtbild dauerhaft geschützt und erhalten werden kann. Der Gesetzgeber hat damit den lange vernachlässigten Friedhof seiner Bedeutung entsprechend gewürdigt und zugleich die Grundlage für eine aktive denkmal- bzw. gartendenkmal-pflegerische Tätigkeit geschaffen.

Erstmalig ergab sich damit in Berlin die Chance, aufbauend auf den schon vorliegenden Erfassungen Berliner Friedhöfe und der dort bestatteten prominenten Bürger durch Ernst von Harnack und Willi Wohlberedt aus den 1930er Jahren, eine umfassende und  wissenschaftlich anspruchsvolle Inventarisierung auf den Weg zu bringen. Nicht zuletzt diese konsequent seit den 1980er Jahren  durch die Denkmalpflege vorangetriebene Inventarisie-rung ergab die Grundlage für die Unterschutzstellung zahlreicher denkmalwerter Friedhöfe. Folge dieser eingehenden Erfassung und Dokumentation war ohne Zweifel auch eine erstmalige gründliche Erforschung der Berliner Sepulkralkultur, einer Kultur, die sich noch in den 1970er Jahren nach Jahrzehnten völliger Missachtung, Vernachlässigung, ja Zerstörung keinerlei gesellschaft-licher Anerkennung mehr erfreute.

Erst die von Prof. Peter Bloch und seinen Schülern Ende der 1970er Jahre mit der Entdeckung kunsthistorisch bedeutsamer Grabmale eingeleitete Neubewertung der plastischen Kunst des Historismus hatte ein Um-denken zur Folge, und das Thema der Bedeutung und neuerlichen Inwertstellung unserer alten Friedhöfe geriet damit auch in das Blickfeld der historischen und soziologischen Wissenschaften sowie der staatlichen Denkmalpflege.

Das seit den 1980er Jahren sich dann schrittweise neu entwickelnde Verständnis für kulturhistorische und denkmalpflegerische Überlegungen, hat gerade dem innerstädtischen Friedhof, der längst als einer der stabilsten städtischen Grünstrukturen gilt, eine völlig neue Wertigkeit gegeben. Dies geschah anfangs mehr noch aus einem sich damals stark entwickelnden Umweltschutzgedanken im Verbund mit ökologischen Werten, darin eingeschlossen die Beachtung allgemeiner Wohlfahrtswirkungen der häufig im Zentrum unserer Städte liegenden Friedhöfe, als aus denkmalpflegerischer Verantwortung heraus. Wie wir wissen, geht es hier aber auch um sehr viel tieferreichende Wurzeln, die in die Zeit der Aufklärung zurückgehen und uns ein einzigartiges kulturelles Erbe hinterlassen haben.

An einer entscheidenden, durch das Preussische Landrecht von 1794 manifestierten Wende des Bestattungswesens zum Ende des 18. Jahrhunderts, vom weitgehend ungeordneten und ungestalteten innerstädtischen Kirchhof hin zum nunmehr gesetzlich vorgeschrieben, aber auch bewusst gartenkünstlerisch gestalteten Friedhof außerhalb der Stadttore, schuf man wichtige kulturgeschichtliche Grundlagen, indem der nunmehr mit Bäumen und Pflanzen ausgestattete Friedhof nicht mehr nur der Ort der Beisetzung und damit der Trauer ist, sondern auch zu einem Ort der Besinnung, der Information und Belehrung wird.

Somit klingt ein wesentlicher Grundakkord der glücklicherweise noch immer hier und da in Berlin erhaltenen Friedhöfe aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert an, deren Gesamtanlage, einschließlich ihrer Gräber, Grabmale und Bauten, wichtige Erinnerungsstätten der Kultur-, Geistes-, Sozial-, aber eben auch der Freiraumgeschichte sind. Darüber hinaus ist bis in das 20. Jahrhundert hinein die Berliner Bildhauerschule umfassend und kontinuier-lich mit ihren Künstlern und deren Werken auf den zahlreichen Friedhöfen Berlins mit zum Teil beeindruckender Sepulkralplastik vertreten.

Der erste nachhaltig wirksame Restaurierungsschub ergab sich schließlich im Rahmen der mehrjährigen Vorbereitungen für die 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin im Jahr 1987. Erhebliche Mittel wurden erstmalig und bevorzugt für die ältesten und wichtigsten Friedhöfe Berlins im Bezirk Kreuzberg bereitgestellt. In den Jahren von 1984 bis 1987 wurde ein Denkmalerhaltungsprogramm entwickelt und vom Berliner Landeskonservator sowie der Gartendenkmalpflege fachwissenschaftlich begleitet. Die 1987 in diesem Zusammenhang von Renate Schein und Christoph Fischer im Landesarchiv Berlin vorbereitete Begleitausstellung – in Form einer projektbegleitenden Dokumentation – erregte großes Aufsehen. Noch heute gehört der Ausstellungskatalog „O ewich is so lanck“1 zu den unbestrittenen Standardwerken über den historischen Friedhof in Berlin.

Nach der Wende gelang es dann schließlich, noch sehr viel erfolgreicher als in den 1980er Jahren, in umfassend angelegten Restaurierungskonzepten erstmalig teilweise komplette Friedhöfe, wie z.B. den schwergeschädigten Invalidenfriedhof, in wenigen Jahren vorbildlich zu restaurieren. Hilfreich waren hierbei erhebliche finanzielle Mittel, u.a. der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, aber auch der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Robert-Bosch-Stiftung und nicht zuletzt kontinuier-lich jedes Jahr eingesetzte Förderansätze des Landesdenkmalamtes Berlin. Hinzuweisen ist jedoch auch auf Vereine, wie den Förderverein Invalidenfriedhof e. V. oder den Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof e. V., die sich hier im Sinne des bürgerschaftlichen Engagements außerordentlich erfolgreich einbrachten. Zu den ohne Zweifel besonders positiven Ergebnissen gehören seither die umfassende Sanierung und Restaurierung des Alten Garnisonfriedhofes, des Parochialkirchhofes, des Dorotheenstädtischen Friedhofes und des unmittelbar benachbarten Friedhofes I der Französisch-Reformierten Gemeinde sowie von Teilen der Friedhofkomplexe Vor dem Halleschen Tor und an der Bergmannstraße.

Nicht zu vergessen ist, dass auch in der DDR, sowohl ausgehend vom Institut für Denkmalpflege in Berlin, als auch vorrangig vom Inspektor für Denkmalpflege beim Magistrat, erhebliche Anstrengungen in der Friedhofsdenkmalpflege unternommen worden sind. Immer wieder war es zudem der Kulturbund der DDR, der in Verantwortung auch für das Friedhofserbe sich für Erhalt und Dokumentation engagierte. So ist bekannt, dass der Kulturbund sich beispielsweise Ende der 1970er Jahre für den schwer bedrohten Alten Garnisonfriedhof einsetzte, aber auch für den Parochialkirchhof noch in den 1980er Jahren.

Zu einer wichtigen Partnerin der komplexen Aufgabenstellungen, namentlich der Erhaltung und Restaurierung kirchlicher Friedhöfe, sollte nach der Wende die schon 1989 gegründete Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe werden, die auf Initiative der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg sowie der Kirchenkreise und Bezirksverordnetenversammlungen von Schöneberg und Kreuzberg gegründet wurde und die mittlerweile Stifterträger von mehr als 50 Friedhöfen ist.

Die genannte Stiftung hat in den zurückliegenden 17 Jahren schon eine große Zahl von denkmalpflegerischen Maßnahmen, vor allem auf Friedhöfen der Berliner Innenstadtbezirke Kreuzberg, Schöneberg, Prenzlauer Berg, Mitte und Friedrichshain sowie auf dem Südwestfriedhof Stahnsdorf durchführen können. Ohne Zweifel ist hier auch das schon in die 70er Jahre zurückreichende Engagement der „Arbeitsgemeinschaft für die historischen Friedhöfe und Kirchhöfe Berlin e. V.“ zu nennen, einer Arbeitsgemeinschaft, der die Instandsetzung und Restaurierung zahlreicher Grabmale, namentlich auch kunsthistorisch wertvoller Skulpturen zu verdanken ist.

Allen genannten Einrichtungen war bewusst, dass die Grabkultur der Alten, gerade des bürgerlichen Zeitalters von 1789 bis in die Zwischenkriegszeit reichend, einen unveräußerlichen, aber schon schwer geschädigten Schatz darstellt, und wie der erfahrene Kunsthistoriker, Friedhofsforscher von Rang und Bloch-Schüler Jörg Kuhn einmal sagte: „Es wird nie wieder einen solchen Reichtum an Kunst und Kultur in diesem Segment geben, wie in dieser Zeit. Darauf zu hoffen, dass Neues nachwächst, ist vergebens.“ Hier hilft ohne Zweifel ein Inventar, nicht nur den noch vorhandenen Bestand sorgfältig zu erfassen und damit für die Forschung vorzuhalten, sondern vor allem auch den erst so spät eingeschlagenen, substanz-erhaltenden Pfad der Denkmalpflege nicht mehr zu verlassen, sondern konsequent weiterzugehen.

Besonders freut es aber die Berliner Denkmalpflege daher, dass es endlich gelungen ist, einen Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte zu gründen. Nach Jahren der Diskussion ist es endlich zehn unmittelbar betroffenen Kirchengemeinden gelungen, ihre 33 zumeist denkmalgeschützten Friedhöfe in diesem Verband einzubringen und gemeinsam zu bewirtschaften. Damit ist sichergestellt, dass nach Jahrzehnten des Verfalls gerade von protestantischen Kirch- und Friedhöfen, ein Umdenken einsetzt und in einer endlich zentral wahrgenommenen, eben auch deutlich kulturell geprägten Verantwortung die kirchlichen Friedhöfe im Zentrum Berlins wieder eine Zukunft haben.

Neben dem rein fachlichen Anliegen soll die vorliegende Grabmal-Sponsor-Publikation eben auch das Interesse breiter Kreise am alten Friedhof, an seiner Schönheit, einer ganz unvergleichlichen Aufenthaltsqualität, begünstigen und damit vielleicht sogar wieder eine neue Identifikation und „in Besitznahme“ in doppeltem Sinne fördern. Die ungemeine Vielfalt der Berliner Friedhofslandschaft wird ja nur auf Dauer zu sichern sein, wenn gesellschaftliche Akzeptanz und Nutzung im herkömmlichen Sinne ein weiteres Fortbestehen sicherstellt und wir weiterhin statt „toter“ die auch aus konservatorischer Sicht so dringend benötigten „lebendigen“ Friedhöfe inmitten unserer Städte ermöglichen werden. Es bleibt schließlich zu hoffen, dass in diesem anhaltenden Akzeptanz- und Rückbesinnungsprozess die vorgelegte Sponsor-Broschüre ein deutliches Bekenntnis zum möglichst un-geschmälerten Erhalt derselben auslösen und darüber hinaus vielfältige Anregungen für Erwerb und Nutzung initiieren möge. Es gilt einen noch immer weitgehend unbekannten kulturlandschaftlichen Schatz zu entdecken und damit zugleich dann auch unsere in vielerlei Beziehung schönen alten Friedhöfe für uns selbst und unsere Nachkommen zu erhalten.

Der Verfasser ist daher dankbar, dass es nach Jahren der Diskussion nun endlich gelungen ist, die vorliegende Friedhofs-Fundraising-Broschüre zu entwickeln und der interessierten Öffentlichkeit vorzustellen.

Grundlage des hochwertig gestalteten Buchs sind im übrigen zwei Erfassungen von Grabstätten, die die Gartendenkmalpflege in den Jahren 2007 und 2008 beauftragt hatte. Dabei konnten sowohl Grabdenkmale berücksichtigt werden, die mit einem geringen Aufwand bis 10.000 Euro zu sanieren sind, als auch große Grabanlagen und Mausoleen, die einen Bedarf bis zu 100.000 Euro, aber auch darüber hinaus haben.

Dass es insgesamt gesehen 100 ausgesprochen qualitätvolle und interessante Grabmale sind, macht das besonders gut gelungene Buch sicherlich anschaulich deutlich. Es bleibt die Hoffnung, dass es dann auch viele Interes-senten bewegen wird, sich intensiv mit der Berliner Grabmalkultur zu beschäftigen und im Idealfall auch einen der vorgeschlagenen Grabanlagen bzw. Grabmale zu erwerben, ganz im Sinne der praktischen Umsetzung der berühmten Gartendevise „Das Schöne mit dem Nützlichen verbinden“.

In diesem Sinne wünsche auch ich dem Buch weite Verbreitung und Anwendung.

0 bis 5.000 Euro 5.000 bis 10.000 Euro 10.000 bis 20.000 Euro 20.000 bis 50.000 Euro 50.000 bis 100.000 Euro ab 100.000 Euro
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Grabanlage Grabmal Grabstätte Mausoleum