MASSNAHMEN: Sanierung der Dachkonstruktion und der Fassaden, Einbau von Fenstern und einer neuen Portaltür, Reinigung des Innenraums, Sicherung und Ergänzung der Wandverkleidung, gärtnerische Maßnahmen
KOSTEN: 240.000 Euro
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Erdbeeren aus Algerien, Kiebitzeier aus Ostfriesland
Mausoleum Familie Borchardt
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Als sich Friedrich von Holstein, Wirklicher Geheimer Rat im Auswärtigen Amt und „Graue Eminenz“ deutscher Außenpolitik, einst – etwa um 1900 – beschwerte, dass er bei Borchardt, wo er täglich zu speisen pflegte, sieben Pfund zugenommen habe und daher nun an Orten esse, „wo es weniger schmeckt“, war das Weinlokal längst eine feste Institution in der Stadt und bestimmte maßgeblich den guten Ruf der Berliner Gastronomie. Das Lieblingsrestaurant Holsteins – seinerzeit als Errungenschaft französischer Kultur angesehen und sehr beliebt bei den Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und Kultur – war aber nur ein Teil des Feinschmeckerimperiums, das der Unternehmer August Friedrich Wilhelm Borchardt (1826-1896) seit 1853 aufgebaut hatte. Die Gebäude in der Französischen Straße 47 und 48 beherbergten auch Delikatessen- und Kolonialwarengeschäfte, eine Stadtküche und riesigeWarenspeicher, vor allem für Weine. Außerdem betrieb Borchardt erfolgreich eine Versandküche, eine Art Catering-Service, was zu jener Zeit etwas völlig Neues und Außergewöhnliches war. Als der verdienstreiche Postreformer Heinrich von Stephan einmal erkrankte,schickte ihm der Feinkosthändler Erdbeeren aus Algerien und Kiebitzeier aus Ostfriesland. Während von Stephan die Köstlichkeiten genoss, philosophierte er darüber, „wie doch der menschliche Geist Dinge zusammenbringt, die die Natur niemals zusammenbringen würde“. Bei Borchardt
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gab es alles, was an Gaumenfreuden bekannt war. Es dauerte daher nicht lange, bis das Unternehmen zum Hoflieferanten erst des Königs, dann des Kaisers ernannt wurde. 1878 betreute Borchardt als Chef-Caterer den Berliner Kongress im Palais Radziwill, zu dem Reichskanzler Otto von Bismarck die Vertreter der europäischen Großmächte eingeladen hatte. Die damaligePresse deutete an, dass es wohl auch den opulenten Büffets Borchardts zu verdanken sei, dass die vierwöchigenVerhandlungen für das Deutsche Reich so günstig endeten und ein Krieg verhindert werden konnte. Nach dem Tode des Firmengründers 1896 übernahmen seine Söhne Hans und Friedrich Wilhelm das Geschäft und belieferten neben dem Berliner und dem Dresdner Hof auch den russischen Zaren. Mit dem Ersten Weltkrieg kam allerdings das Aus für Borchardt, die Söhne verließen Deutschland. Borchardts Enkel führten das Unternehmen noch als OffeneHandelsgesellschaft weiter, 1927 wurde es in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1941 kaufte die M. Kempinski & Co Weinhaus und Handelsgesellschaft mbH die Weinstube F. W. Borchardt. Adel, Militär und Diplomatie bildeten in diesen Jahren die Kundschaft. Zu DDR-Zeiten diente der enteignete Gastronomiebetrieb einer wechselnden Nutzung: als Fischgaststätte, Gemüsehandlung, Antiquariat und Diskothek. 1990 wurde das Traditionslokal in der Französischen Straße schließlich wiederentdeckt. Der neue Inhaber rekonstruierte die historischen
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Räume und eröffnete das Restaurant 1992 unter seinem alten Namen. In Gestalt eines prächtigen, neobarocken Mausoleums erhebt sich das Erbbegräbnis der Familie Borchardt als Point de vue am südlichen Ende des Mittelweges des vierten Friedhofs der Jerusalems- und Neuen Kirchen-Gemeinde. Die über einem kreuzförmigen Grundriss errichtete Grabkapelle dürfte spätestens 1893 von der Familie in Auftrag gegeben worden sein und kostete 45.000 Mark. Entworfen wurde sie von dem ArchitektenHugo Tietz, der für die Umsetzung seiner Pläne verschiedene Künstler und Handwerker verpflichtete, darunter auch den Bildhauer Michel Lock. Dieser schuf für die Innenausstattung eine heute verschollene, marmorne Christusfigur. Lock wurde vor allem bekannt durch seine Beteiligung an der Bauplastik verschiedener Großprojekte,wie für die Vorhalle der Kaiser-Loge der Kaiser-WilhelmGedächtnis-Kirche oder das Giebelfeld des Reichstagsgebäudes. Die Hauptfassade des Mausoleums, bei dem es sich um einen mit hellem schlesischem Sandstein verkleideten Ziegelbau handelt, wird beherrscht von einer hohen, vorgelagerten Ädikula mit vollplastischen Säulen, die im unteren Bereich aus Sandstein, im oberen Bereich aus poliertem rötlichem Granit gearbeitet sind. Über dem Rundbogenportal – zu Seiten eines über dem Türsturz befindlichen Kreuzes – erscheinen im Relief zwei geflügelte Genien mit erloschenen Fackeln, Palmwedel und Lorbeerkranz. Die ehemalige Holztür, einst
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vollständig mit Metall beschlagen, war kassettiert, die darüber befindliche Lünette mit einem kunstvoll verzierten, schmiedeeisernen Gitter verschlossen. Zwei kräftige Eckpilaster fassen die Fassade des Mittelbaus ein und stützen das reich mit Profilsimsen und Friesen geschmückte Gebälk. Darüber erhebt sich eine hohe Kuppel, die ursprünglich mit Kupferblech versehen war. Der früher einmal vollständig mit weißen, möglicherweise auch farbigen Marmorplatten verkleidete Innenraum des Grabbaus, gegliedert in Mittelhalle und zwei Seitenräume, ist heute leider stark zerstört. Auch von dem schmiedeeisernen Einfassungsgitter, das das 10 x 10 Meter große Grundstück des Erbbegräbnisses dreiseitig umfasste, hat sich heute nichts mehr erhalten.
Was bisher beigetragen wurde
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